Weihnachtsrundbrief des BFU 2017

“Liebe Freunde und Förderer des Behandlungszentrums für Folteropfer Ulm,
liebe Mitglieder und Freunde des Fördervereins des BFU,

 

“Liebe Freunde und Förderer des Behandlungszentrums für Folteropfer Ulm,
liebe Mitglieder und Freunde des Fördervereins des BFU,

 

das Flüchtlingsthema hat uns auch in diesem Jahr nicht losgelassen: Es dominierte den Bundestagswahlkampf und beherrscht weiterhin die politische Debatte im Land. Die Aufzählung von Maßnahmen, Geflüchtete von unseren Landesgrenzen und den EU-Außengrenzen abzuhalten, würde Seiten füllen. Ebenso eine Aufzählung der Maßnahmen, bereits unter uns lebende Geflüchtete wieder zurückzuschicken. Als besonders problematisch sehen wir die von der Bundesregierung geplante weitere Aussetzung der Familienzusammenführung für Geflüchtete mit subsidiärem Schutz. Wir  Mitarbeiter des BFU unterstützen die Forderung der „Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg“ in ihrer derzeit laufenden Aktion, die geplante weitere Aussetzung der Familienzusammenführung zu verhindern und setzten uns dafür ein, dass geflüchtete Familien mit subsidiärem Schutz möglichst bald in Deutschland wieder vereint werden können. Das gebietet Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetztes (Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung). Sie ist auch eine notwendige Bedingung für eine gelingende Integration von Geflüchteten in Deutschland – zumeist junge Väter aus Syrien -, die ihre politische Verfolgung und Schutzbedürftigkeit bereits stichhaltig begründen konnten und sehr unter der fortgesetzten Trennung von ihren Frauen und Kindern leiden.

Ein weiteres uns sehr bewegendes Thema sind die vielen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF), die mittlerweile über 18 Jahre alt sind und die aus sehr unsicheren Staaten wie z.B. Afghanistan und aus Westafrika kommen. Sie haben oft keinen Schutzstatus, sind nur geduldet und müssen – insbesondere wenn sie in Bayern wohnhaft sind – mit ihrer Ausweisung rechnen. Ihr psychisches und physisches Zustandsbild ist meist desolat, einige sind suizidal. Jede zweite Neuanmeldung im BFU betrifft einen ehemaligen UMF über 18 Jahre, der aufgrund seines Alters häufig aus der Jugendhilfe gefallen ist und sich selbst überlassen ist. Wir bieten diesen Heranwachsenden neuerdings psychoedukative Gruppen an. In diesen werden ihnen einfache Stabilisierungs- und Entspannungs-techniken beigebracht. Hier erleben sie, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind, dass es auch anderen so ergeht, aber auch, dass die Kollegen des BFU sie auf dem weiteren Weg in Deutschland intensiv begleiten. Die jungen Männer unterstützen sich mittlerweile gegenseitig, sei es mit Möbeln, mit Tipps für den Alltag – es ist so nebenher ein wechselseitiges Sich-Helfen entstanden, das wir gar nicht für möglich gehalten haben.

Wir haben unser therapeutisches Konzept angepasst: Nicht allein Psychotherapie und ggf. flankierende sozialarbeiterische Maßnahmen werden angeboten, sondern – im Einzelfall – auch Hilfen für besonders schutzbedürftige Angehörige im Heimatland. Hier können wir auf unser in vielen Jahren entwickeltes Netzwerk und auf jenes von ehemals Geflüchteten /Patienten zurückgreifen. Beispielsweise versuchen wir derzeit, die alleinerziehende erblindete Mutter eines Patienten, die in Afghanistan in einem gefährdeten Gebiet lebt, zudem dort noch drei minderjährige Kinder hat, finanziell über unseren Förderverein zu unterstützen, damit sie wenigstens nicht hungern müssen. Die Vermittlung der Hilfe erfolgt durch einen erfahrenen und verlässlichen Afghanen aus dem Ulmer Raum, der dies schon seit 20 Jahren macht. Wir müssen in Einzelfällen ein solches „Zweites Netz“ knüpfen, sonst sind alle Bemühungen hier im BFU wirkungslos. Wir sind daher sehr dankbar für diese  Unterstützung des Fördervereins des BFU  (Konto-Nr. IBAN: DE18 6309 0100 0137 7420 02 bei der Volksbank Ulm-Biberach eG. Stichwort: „Sozial- und Rechtshilfefonds“).

Weil der Bedarf viel höher ist als unsere personellen und räumlichen Kapazitäten, bieten wir ferner ab Januar 2018 in einer großen Gemeinschaftsunterkunft der Stadt Ulm körperzentrierte Entspannungsgruppen auf Englisch an. Die Leitung hierfür hat  Herr Professor Dr. Harald Traue. Das Team des BFU hat in diesem Jahr enormen Aufschwung genommen: nach dem Ausscheiden der langjährigen früheren Therapeutischen Leitung im Frühjahr hat ihre Vorgängerin, Frau Dipl. Psych. Gerlinde Dötsch, für eine Interimsphase die Therapeutische Leitung übernommen und mit ihrer Expertise und Tatkraft mit dazu beigetragen, dass ein neues Therapeutisches Team mit mittlerweile 10 Therapeuten unterschiedlichster Ausbildungsrichtung formiert werden konnte. Seit Oktober 2017 ist Frau Johanna Zeitler (FÄ für Psychiatrie und Psychotherapie) die neue ärztliche Leitung des BFU. Sie ist ein Segen für die Stimmung im Team und die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter. Das sehr gute Zusammenwirken aller neuen (und alten) Therapeuten, Sozialarbeiter – auch mit den bewährten und engagierten Mitarbeiterinnen in der Verwaltung macht uns zuversichtlich, den anstehenden Druck zu bewältigen, der sich aus der langen Warteliste und der insgesamt sehr angespannten Situation vieler unserer Neu-Patienten ergibt.

Auch das Kooperationsprojekt mit der Caritas Ulm für traumatisierte Flüchtlingskinder und Jugendliche ist ein Erfolgsmodell, welches der Zweckerfüllungsfonds Flüchtlinge der Diözese Rottenburg-Stuttgart seit über zwei Jahren  fördert. Wenngleich die rechtlichen Rahmen-bedingungen für eine Psychotherapie mit traumatisierten Geflüchteten in den letzten zwei Jahren deutlich schwieriger geworden sind, so sind andererseits die finanziellen Unter-stützungszahlungen von Bund, Land, Kirchen, Kommunen und AI  gestiegen – anders wäre der  Personalzuwachs auch nicht zu stemmen. Die rechtlichen Hindernisse erfordern immer komplexere Hilfen durch das BFU, die dadurch proportional immer „teurer“ werden, um den gleichen therapeutischen Effekt, etwa im Vergleich zur Situation vor 2015 zu erzielen. Der Zuwachs an Personal erfordert auch neue geeignete Räume. Wir sind fündig geworden:

Ab 01.03.2018 sind wir in der Wagnerstraße 65, 89077 Ulm!

Ich danke Ihnen im Namen des Teams und des Fördervereins ganz herzlich für die Unterstützung in diesem Jahr  und wünsche Ihnen ein frohes Fest und ein gutes Neues Jahr!

 

 

Ihr Manfred Makowitzki M.A., Leitung BFU

 

Rundbrief Weihnachten BFU 2017